Neues aus der BVfK-Rechtsabteilung:
Der Umgang mit unberechtigten Reklamationen
Welche Ansprüche hat der Verkäufer gegen den Käufer bei vorschnellen Defekt-Anzeigen?
Man sollte meinen, dass dem Käufer eines Gebrauchtwagens grundsätzlich bewusst sein dürfte, dass er in der Regel kein Fahrzeug erwirbt, welches optisch wie technisch dem Zustand eines Neufahrzeugs entspricht. Die Praxis zeigt leider das Gegenteil. Da wird schon einmal ein im sechsten Gang sporadisch auftretendes „Quietschen“ nach zehnmonatiger Nutzung und einer Laufleistung von über 200.000 km als arglistige Täuschung und der Händler in der korrespondierenden Online-Bewertung als „Lügner“ dargestellt.
Gleichzeitig gilt natürlich auch auf Verkäuferseite, dass man angezeigte Defekte nicht vorschnell als unbeachtlich abtun und eine verlangte Nachbesserung per se verweigern sollte. Jedenfalls die Untersuchung des Fahrzeugs sollte in den meisten Fällen erfolgen, um sich von Vorhandensein, Art und Ausmaß des Defekts ausreichend überzeugen und entsprechend reagieren zu können.
Wer zahlt die Untersuchungskosten?
Laut Gesetz ist der Verkäufer verpflichtetet, sämtliche Aufwendungen zu tragen, die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlich sind. Hierzu zählen insbesondere auch die Transportkosten. Das kann bisweilen teuer werden, wenn der Käufer mehrere hundert Kilometer anreisen muss – und das muss er grundsätzlich, denn Ort der Nacherfüllung ist der Betriebssitz des Verkäufers. Die Grenze der Unzumutbarkeit liegt nach bisheriger Rechtsprechung bei etwa 600 km Fahrstrecke. Dann aber schlägt die Vorführung des Fahrzeugs allein an den zu erstattenden Transportkosten gemessen ordentlich zu Buche:
Die Strecke von 600 km muss der Käufer in der Regel zweimal hin- und zurück fahren, wenn das Fahrzeug nicht gleich repariert werden kann, somit eine Strecke von insgesamt 2.400 km zurücklegen. Dafür ist ggf. eine Begleitperson nebst Zweitwagen oder der Erwerb eines Zugtickets erforderlich. Die Grenzen der erforderlichen Aufwendungen sind im Einzelfall zu bestimmen. Geht man zunächst von 2.400 km x 30 Cent aus, so betrüge der Transportkostenanspruch bereits 720,00 €.
Umso ärgerlicher, wenn sich dann herausstellt, dass kein Sachmangel im kaufrechtlichen Sinne vorliegt oder das Fahrzeug gar völlig in Ordnung ist, denn dann hat man Mühen- und Kostenaufwand umsonst betrieben.
Zahlt der Käufer die Untersuchungskosten denn im Falle einer unberechtigten Reklamation?
Manch einer versucht, dem Käufer die Untersuchungskosten aufgrund einer unberechtigten Mängelrüge im Vorfeld des Vertragsschlusses per AGB aufzuerlegen. Eine derartige Klausel dürfte unwirksam sein, denn sie widerspräche der eingangs erwähnten Regelung, nach welcher der Verkäufer alle in Zusammenhang mit der Nachbesserung erforderlichen Kosten zu tragen hat. Der Käufer würde nach Auffassung der Gerichte außerdem davon abgehalten, von seinen gesetzlich vorgesehenen Rechten Gebrauch zu machen. Im Vorfeld ist eine Abwälzung der Untersuchungskosten auf den Käufer also nicht möglich.
Hat der Käufer aber gewusst oder fahrlässig verkannt, dass tatsächlich kein Sachmangel vorliegt oder der Defekt seinem Verantwortungsbereich zuzuordnen ist, so können ggf. Schadensersatzansprüche im Hinblick auf die rechtsgrundlose Untersuchung entstehen. Deren Kosten sind auch im Falle von Fehlbedienungen zu erstatten. Eine dahingehende Feststellung wird allerdings oftmals nur schwer und nicht ohne Beteiligung eines Sachverständigen zu treffen und zu beweisen sein. Es kommt also entscheiden auf Verhaltensweise und Wissen bzw. fahrlässiges Nichtwissen des Käufers an.
Auch dürfte es nach Eintritt des Gewährleistungsfalls möglich sein, eine individuelle Vereinbarung mit dem Käufer zu treffen, wonach dieser die Kosten der Untersuchung im Falle der unberechtigten Rüge trägt. Dem Käufer steht es natürlich frei, einer solchen Vereinbarung zuzustimmen.
Achtung: Im Werkvertragsrecht gelten abweichende Grundsätze. Hat ein Kunde Sie beispielsweise mit der Durchführung von Reparaturarbeiten beauftragt und behauptet anschließend, die Reparatur sei mangelhaft erfolgt, so hat er Ihre Untersuchungskosten in dem Zusammenhang zu tragen, wenn eine Mangelhaftigkeit nicht vorliegt (OLG Koblenz, Az. 3 U 1042/14).
Anmerkung der Rechtsabteilung
Somit gilt (im Kaufrecht) Folgendes: Lassen Sie sich das Fahrzeug im Falle der Mängelrüge vorführen, wenn Sie sich nicht ganz überwiegend sicher sind, dass kein Sachmangel vorhanden ist. Wenn Sie jedenfalls begründete Zweifel daran haben, versuchen Sie eine schriftliche Vereinbarung mit dem Käufer zu treffen, wonach dieser die Kosten der Untersuchung trägt, falls kein Mangel vorliegt. Ohne eine solche (freiwillige) Vereinbarung müssen Sie im Falle einer unberechtigten Mängelrüge nachweisen, dass der Käufer die Mängelfreiheit fahrlässig verkannt oder gekannt hat.
In allen anderen Fällen dürften Sie die Untersuchungskosten in der Regel zu tragen haben. Die BVfK-Rechtsabteilung steht Ihnen natürlich auch im Falle unberechtigter Mängelrügen unterstützend zur Verfügung!
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